Veröffentlicht am April 18, 2024

Oversize zu meistern bedeutet nicht, sich zu verstecken, sondern bewusst eine elegante Silhouette zu formen.

  • Der Schlüssel liegt im gezielten Kontrast: Ein weites Teil wird immer durch einen schmalen „Proportionsanker“ geerdet.
  • Die Stoffqualität und der Fall des Materials sind entscheidender als die Größe auf dem Etikett.

Empfehlung: Beginnen Sie damit, für jedes Ihrer Oversize-Teile einen passenden, figurbetonten Kombinationspartner zu definieren, um sofort eine ausgewogene Basis zu schaffen.

Der Oversize-Look ist überall: auf den Laufstegen, in den Modemagazinen und an stilbewussten Menschen in den deutschen Innenstädten. Er verspricht Komfort, Lässigkeit und eine unaufgeregte Eleganz. Doch die Realität sieht oft anders aus. Man kauft einen wunderschönen, weiten Pullover oder einen coolen Oversize-Blazer und fühlt sich darin nicht schick und modern, sondern verloren und unförmig – als hätte man schlicht die falsche Größe erwischt. Viele Ratgeber predigen dann die üblichen Lösungen: Tragen Sie einen Gürtel, kombinieren Sie weit mit eng, achten Sie auf die Proportionen. Diese Ratschläge sind nicht falsch, aber sie kratzen nur an der Oberfläche.

Die wahre Kunst des Oversize-Stylings liegt nicht im blinden Befolgen von Regeln, sondern im Verständnis von visueller Architektur. Es geht darum, den Blick des Betrachters bewusst zu lenken, eine gewollte Silhouette zu kreieren und die Spannung zwischen Volumen und Definition zu meistern. Die Frage ist nicht: „Wie gleiche ich das Volumen aus?“, sondern: „Wo setze ich einen Fokus, um die Lässigkeit des weiten Schnitts zu unterstreichen, ohne die eigene Form zu verlieren?“ Es ist der feine Unterschied zwischen „zu groß“ und „gewollt lässig“.

Dieser Guide geht über die Basics hinaus. Wir tauchen tief ein in die Mechanismen, die einen Oversize-Look funktionieren lassen. Wir betrachten ihn nicht als Problem, das es zu bändigen gilt, sondern als Werkzeug, mit dem Sie Ihre persönliche Stil-Architektur bauen können. Von der fundamentalen Regel des Proportionsankers über die entscheidende Rolle der Stoffqualität bis hin zu cleveren Styling-Tricks, die den gesamten Look verändern – hier lernen Sie, den Oversize-Trend mit Selbstvertrauen zu tragen.

Um Ihnen eine klare Struktur für die Meisterschaft des Oversize-Looks zu bieten, führt dieser Artikel Sie schrittweise durch die wichtigsten Konzepte. Das Inhaltsverzeichnis gibt Ihnen einen Überblick über die Themen, die wir behandeln werden.

Weit trifft auf eng: Die eine Regel, die Sie für ein gelungenes Oversize-Outfit kennen müssen

Das absolute Fundament jedes gelungenen Oversize-Looks ist das Prinzip des Kontrasts. Doch anstatt es nur als „weit mit eng kombinieren“ abzutun, sollten wir es als das Schaffen eines Proportionsankers verstehen. Jedes Outfit mit einem voluminösen Teil benötigt ein klar definiertes, figurbetontes Element, das die Silhouette erdet und verhindert, dass der Look unförmig wirkt. Dieser Anker lenkt den Blick, zeigt die tatsächliche Körperform und sorgt für die gewollte Lässigkeit.

Stellen Sie sich einen Oversize-Strickpullover vor. Kombiniert mit einer weiten Marlene-Hose entsteht ein massiver Block ohne Fokus. Tragen Sie denselben Pullover jedoch zu einer schmalen Röhrenjeans oder Lederleggings, werden die Beine zum Proportionsanker. Der Kontrast zwischen dem voluminösen Oberkörper und den schmalen Beinen schafft eine spannende, modische Silhouette. Die Regel ist also einfach, aber wirkungsvoll:

  • Ein weites Teil (Oversize-Blazer, weiter Pullover, weite Hose).
  • Ein schmales Teil (Skinny Jeans, Bleistiftrock, figurbetontes Top).

Fallbeispiel: Der Oversize-Blazer im deutschen Alltag

Die deutsche Modeszene zeigt, wie vielseitig dieses Prinzip ist. Eine Analyse des Streetstyles belegt, dass der Schlüssel zum Erfolg in der Balance liegt. In den kreativen Start-ups von Berlin wird der Oversize-Blazer lässig mit Slim Fit Jeans und Sneakern kombiniert – ein perfekter Business-Casual-Look. In den Bankenvierteln Frankfurts hingegen sieht man eine dezentere Interpretation: Frauen tragen den gleichen Blazertyp, aber zu schmal geschnittenen Stoffhosen und eleganten Pumps, was den Look formeller und dennoch modern macht. In beiden Fällen dient die schmale Hose als Proportionsanker, der dem Statement-Blazer die nötige Struktur verleiht.

Denken Sie immer an die Blickführung. Ein Oversize-Oberteil über einer schmalen Hose lenkt den Blick auf die Beine. Eine weite Culotte mit einem engen Rollkragenpullover betont die Taille und den Oberkörper. Ihr Ziel ist es, dem Auge einen Ruhepol zu bieten, von dem aus es das Volumen des Oversize-Stücks würdigen kann.

Volumen für alle: Wie Sie Oversize-Schnitte für jede Körperform schmeichelhaft stylen

Der Mythos, dass Oversize-Mode nur großen, schlanken Frauen steht, ist längst überholt. Im Gegenteil: Richtig eingesetzt, kann Volumen jeder Figur schmeicheln. Der Trick liegt darin, das Volumen strategisch dort zu platzieren, wo Sie es möchten, und nicht dort, wo es zufällig landet. Dies ist besonders in Deutschland relevant, wo laut aktuellen Erhebungen der deutschen Modeindustrie mehr als 50 % der Frauen Kleidergröße 42 und größer tragen. Der Oversize-Trend ist also kein Nischenphänomen, sondern eine Chance für die Mehrheit.

Diverse Frauen unterschiedlichen Alters zeigen Oversize-Styling mit strategischer Volumenplatzierung

Wie die Abbildung zeigt, geht es darum, die eigenen Vorzüge zu betonen. Anstatt den Körper zu verstecken, nutzen Sie weite Schnitte, um eine neue, interessante Silhouette zu schaffen. Ein Oversize-Blazer kann beispielsweise breitere Hüften ausgleichen, während eine weite Hose den Fokus von einem kräftigeren Oberkörper ablenken kann. Die Kunst besteht darin, das Volumen gezielt einzusetzen und es mit einem Proportionsanker zu kombinieren, wie im vorherigen Abschnitt besprochen.

Die folgende Tabelle, basierend auf Analysen von Stilberatern wie Ulla Popken, bietet einen praktischen Leitfaden, wie Sie Oversize-Teile gezielt für Ihre Körperform auswählen und kombinieren können.

Oversize-Styling nach Körperform: Der ultimative Guide
Körperform Empfohlenes Oversize-Teil Kombinationspartner Vermeiden
Birnenform (schmale Schultern, breitere Hüften) Oversize-Blazer, weite Blusen Schmale Hosen, Pencil Skirts Weite Hosen, die an der Hüfte auftragen
Apfelform (kräftigere Körpermitte) Lange Oversize-Cardigans, gerade geschnittene Hemdblusenkleider Gerade geschnittene Hosen, Leggings Kurze, kastige Oberteile, die auf der Taille enden
Sanduhr (definierte Taille, ähnliche Schulter- und Hüftbreite) Taillierte Oversize-Kleider, weite Mäntel mit Gürtel Breite Gürtel zur Betonung der Taille Komplett formlose, sackartige Kleidung
Rechteck (gerade Figur ohne definierte Taille) Oversize-Pullover mit Struktur, weite Hosen High-Waist Unterteile, um eine Taille zu suggerieren Gerade, lange Schnitte ohne jegliche Form

Letztendlich sind dies Richtlinien, keine starren Gesetze. Das Wichtigste ist, dass Sie sich wohlfühlen. Experimentieren Sie und finden Sie heraus, welche Art von Volumen Ihnen am besten steht und Ihr Selbstbewusstsein stärkt.

Gewollt zu groß, nicht einfach nur zu groß: Wie Sie die perfekte Oversize-Passform finden

Einer der häufigsten Fehler beim Oversize-Trend ist die Annahme, man müsse einfach Kleidung mehrere Nummern zu groß kaufen. Das Ergebnis ist oft ein schlecht sitzendes Kleidungsstück mit unvorteilhaften Proportionen. Echte Oversize-Mode ist anders konzipiert. Die Designer haben das zusätzliche Volumen bereits in den Schnitt einkalkuliert. Wie eine Fashion-Expertin im WITT WEIDEN Modeglossar betont, liegt der Schlüssel im richtigen Verständnis der Passform.

Trendsetter tragen Oversize Fashion, die extra weiter geschnitten ist, aber trotzdem noch die eigene Größe berücksichtigt.

– Sintre Fashion Expertin, WITT WEIDEN Modeglossar

Das bedeutet: Kaufen Sie ein als „Oversize“ deklariertes Teil in Ihrer regulären Konfektionsgröße. Der Schnitt ist so angelegt, dass er an den entscheidenden Stellen – wie den Schultern und der Gesamtlänge – immer noch eine definierte Passform hat, während er am Körper weit und luftig fällt. Doch wie erkennt man, ob die Passform wirklich „gewollt zu groß“ und nicht einfach nur „schlecht sitzend“ ist? Achten Sie auf spezifische Details, die den Unterschied ausmachen.

Checkliste: Ihr Plan für den perfekten Oversize-Kauf

  1. Schulternaht prüfen: Bei einem gut geschnittenen Oversize-Teil sollte die Schulternaht bewusst überschnitten sein und etwa 5-10 cm über Ihrer natürlichen Schulterlinie liegen. Fällt sie bis zur Mitte des Oberarms, ist das Teil wahrscheinlich einfach nur zu groß.
  2. Ärmellänge kontrollieren: Die Ärmel dürfen die Handgelenke bedecken und leicht auf dem Handrücken aufliegen. Ihre Fingerspitzen müssen jedoch immer frei und sichtbar bleiben. Das Hochkrempeln der Ärmel ist ein zusätzlicher Styling-Trick, um die Proportionen zu verbessern.
  3. Material und Fall testen: Beobachten Sie, wie der Stoff fällt. Schwere, strukturierte Materialien wie Wolle oder fester Denim halten die architektonische Form des Kleidungsstücks. Leichte, fließende Stoffe wie Seide oder Viskose umspielen den Körper sanft. Billiger Jersey neigt dazu, unvorteilhaft am Körper zu kleben.
  4. Größe bewusst wählen: Greifen Sie immer zu Ihrer normalen Größe. Die Weite ist bereits im Design enthalten. Nur wenn Sie ein regulär geschnittenes Teil (z. B. ein Herrenhemd) als Oversize-Stück tragen möchten, sollten Sie ein bis zwei Größen größer wählen.
  5. Bewegungstest durchführen: Heben Sie in der Umkleidekabine die Arme. Das Kleidungsstück sollte seine Form behalten und nicht komplett über Ihren Kopf rutschen oder sich unkontrolliert aufbauschen. Sie sollten sich frei bewegen können, ohne im Stoff zu ertrinken.

Indem Sie auf diese Details achten, stellen Sie sicher, dass Ihr Oversize-Look eine bewusste stilistische Entscheidung ist und die hochwertige Intention des Designers widerspiegelt.

Der Fall des Stoffes: Warum das Material darüber entscheidet, ob Ihr Oversize-Look edel oder schlampig wirkt

Neben dem Schnitt ist die Wahl des Materials der entscheidende Faktor, der einen Oversize-Look von „edel“ zu „schlampig“ kippen lassen kann. Die Stoffintegrität – also die Struktur, das Gewicht und der Fall eines Materials – bestimmt die visuelle Architektur des gesamten Outfits. Ein hochwertiger Stoff kann einem weiten Schnitt die nötige Form und Eleganz verleihen, während ein minderwertiges Material selbst den besten Schnitt billig aussehen lässt.

Denken Sie an einen Oversize-Blazer. Aus fester Wolle oder einem schweren Leinen-Gemisch geschnitten, behält er seine klare, kantige Silhouette. Die Schultern wirken definiert, der Kragen steht, und das gesamte Kleidungsstück bildet eine schützende, aber stilvolle Hülle. Der gleiche Schnitt aus dünnem, nachgiebigem Polyester oder Viskose-Jersey würde in sich zusammenfallen, Falten werfen und eher an einen Bademantel als an ein modisches Statement erinnern. Die Struktur des Stoffes ist also das unsichtbare Gerüst Ihres Looks.

Makroaufnahme verschiedener hochwertiger Stoffe für Oversize-Mode

Für einen gelungenen Oversize-Look sollten Sie auf folgende Materialien setzen:

  • Für Struktur und Form: Schwere Wolle, Tweed, fester Denim, Cord und strukturiertes Leinen. Diese Stoffe sind ideal für Blazer, Mäntel und weite Hosen, da sie eine klare Linie schaffen und ihre Form behalten.
  • Für fließende Eleganz: Seide, Tencel, Cupro und hochwertige Viskose. Diese Materialien eignen sich perfekt für Oversize-Blusen und -Kleider. Sie umspielen den Körper sanft, ohne aufzutragen, und erzeugen eine luxuriöse, bewegte Silhouette.
  • Für lässigen Komfort: Dicker Strick aus Kaschmir, Merinowolle oder hochwertiger Baumwolle. Bei Pullovern ist das Gewicht entscheidend. Ein schwerer Strick fällt besser und wirkt edler als ein dünnes, labberiges Gestrick.

Investieren Sie lieber in ein Oversize-Teil aus einem exzellenten Material als in drei aus minderwertigen Stoffen. Die Stoffintegrität ist kein Luxus, sondern die Grundlage für einen Look, der Selbstbewusstsein und Stilbewusstsein ausstrahlt.

Ein Blazer, zwei Welten: Wie Sie Ihren Oversize-Blazer vom Büro bis zur Bar stylen

Der Oversize-Blazer ist wohl das vielseitigste Teil der weiten Garderobe und ein perfektes Beispiel dafür, wie ein einziges Kleidungsstück durch unterschiedliches Styling komplett neue Identitäten annehmen kann. Er ist die Brücke zwischen formeller Geschäftskleidung und entspanntem Freizeit-Chic. Seine wahre Stärke liegt in seiner Wandlungsfähigkeit, die stark vom Kontext und den Kombinationspartnern abhängt. Ein und derselbe Blazer kann im Büro Autorität ausstrahlen und am Abend in einer Bar für lässige Coolness sorgen.

Der Schlüssel zur Anpassung liegt in den Details: Was tragen Sie darunter? Welche Schuhe wählen Sie? Welche Accessoires runden den Look ab? Die Wahl dieser Elemente entscheidet über den Dresscode und die Aussage Ihres Outfits. Während im kreativen Umfeld einer Berliner Agentur ein Band-T-Shirt und Jeans unter dem Blazer funktionieren, wäre dies im Frankfurter Bankenwesen undenkbar. Dort sind Seidenbluse und Stoffhose die passenden Partner.

Die folgende Übersicht zeigt, wie Sie Ihren Oversize-Blazer für verschiedene Anlässe und Stadtkulturen in Deutschland stilsicher anpassen können.

Dresscode-Guide: Oversize-Blazer in deutschen Städten
Stadt/Kontext Dresscode-Level Styling-Empfehlung Accessoires
Berlin Start-up Casual-Creative Oversize-Blazer + Band-Shirt + Used-Look Jeans Weiße Sneakers, Canvas-Tasche
Frankfurt Banking Business Formal Oversize-Blazer + Seidenbluse + schmale Stoffhose Spitze Pumps, hochwertige Ledertasche
München Agentur Smart Casual Oversize-Blazer + feiner Rollkragenpullover + fließender Midi-Rock Ankle Boots, eleganter Shopper
After-Work Bar Relaxed Chic Oversize-Blazer (zugeknöpft, als Kleid getragen) + Lederleggings High Heels, auffällige Clutch

Ein Tipp für Fortgeschrittene, insbesondere für Second-Hand-Funde: Achten Sie auf Details, die Sie anpassen können. Oft lassen sich unmoderne Schulterpolster entfernen oder klobige 80er-Jahre-Knöpfe durch schlichte Hornknöpfe ersetzen. Diese kleinen Änderungen können die gesamte Anmutung des Blazers modernisieren und ihn zu Ihrem persönlichen Lieblingsstück machen.

Die subtile Formgebung: Wie ein halb eingestecktes Hemd den gesamten Look verändert

Manchmal sind es die kleinsten Handgriffe, die die größte Wirkung entfalten. Beim Oversize-Styling ist der „French Tuck“ – das lockere, nur vorn in den Hosen- oder Rockbund gesteckte Hemd oder Shirt – eine solche Geheimwaffe. Diese Technik ist der Inbegriff der „gewollten Lässigkeit“ und ein Meisterstück der Blickführung. Anstatt das Oberteil komplett hineinzustecken (was oft zu steif wirkt) oder es ganz heraushängen zu lassen (was die Beine optisch verkürzen kann), schafft der French Tuck die perfekte Balance.

Was genau passiert dabei visuell? Das vordere Einstecken legt einen kleinen Teil der Taille und des Hosenbunds frei. Dieser kleine sichtbare Bereich wirkt wie ein Ankerpunkt für das Auge. Er suggeriert eine Taille, ohne sie einzuengen, und schafft eine asymmetrische Linie, die den Körper optisch streckt. Die längere Rückenpartie des Oberteils umspielt weiterhin locker die Hüften und bewahrt so den entspannten Charakter des Oversize-Looks. Es ist eine mühelose Geste, die sagt: „Ich habe mir Gedanken über meine Silhouette gemacht, aber ich nehme es nicht zu ernst.“

Diese Technik funktioniert besonders gut bei:

  • Oversize-Hemden: Stecken Sie nur die Knopfleiste locker in die Hose.
  • Weiten T-Shirts: Greifen Sie eine kleine Partie des vorderen Saums und stecken Sie sie seitlich vom Hosenknopf ein.
  • Feinen Strickpullovern: Auch hier kann der vordere Saum leicht eingesteckt werden, um die Beine länger wirken zu lassen.

Diese subtile Formgebung wird durch die richtige Schuhwahl noch verstärkt. Spitze Schuhe, ob flach oder mit Absatz, verlängern die Beinlinie und unterstützen die vertikale Blickführung, die der French Tuck einleitet. Es geht darum, eine durchgehende Linie von der angedeuteten Taille bis zu den Zehenspitzen zu schaffen.

Kleidung, die sich anpasst: Das Konzept der anpassungsfähigen Mode für eine vielfältigere Gesellschaft

Der Oversize-Trend ist mehr als nur eine modische Laune; er ist Teil einer größeren gesellschaftlichen Bewegung hin zu mehr Inklusivität und Körperakzeptanz. Weite Schnitte lösen sich von starren Größennormen und bieten eine Form von anpassungsfähiger (adaptiver) Mode. Wie Modeanalysen zeigen, steht der Oversize-Trend für Freiheit, Komfort und Selbstbewusstsein – er funktioniert für jeden Körpertyp. Er stellt die Idee infrage, dass sich der Körper der Kleidung anpassen muss, und kehrt das Prinzip um: Die Kleidung passt sich den vielfältigen Körpern an.

Dieses Konzept geht über die reine Ästhetik hinaus. Es berührt Themen wie Genderfluidität, da viele Oversize-Teile unisex gestaltet sind und traditionelle Geschlechtergrenzen in der Mode aufweichen. Es spricht auch Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten an, für die Komfort und Bewegungsfreiheit keine Option, sondern eine Notwendigkeit sind. Weite, unkomplizierte Schnitte können das An- und Ausziehen erleichtern und bieten eine stilvolle Alternative zu rein funktionaler Kleidung.

Fallbeispiel: Adaptive Mode aus Deutschland

Deutsche Labels und Designerinnen erkennen dieses Potenzial und treiben die Entwicklung voran. Ein herausragendes Beispiel ist Chlench Fashion, gegründet von der deutschen Plus-Size-Bloggerin Christine Chlench. Ihre Kollektionen bieten nicht einfach nur größere Größen, sondern nutzen die Oversize-Ästhetik, um durchdachte, wandelbare Schnitte zu kreieren, die sich verschiedenen Körperformen und Bedürfnissen anpassen. Diese Mode schafft Raum für individuelle Interpretationen jenseits normativer Körperbilder und beweist, dass Stil und Inklusion Hand in Hand gehen können. Es ist Mode, die mit dem Leben und den Veränderungen des Körpers mitwächst.

Wenn Sie also ein Oversize-Kleidungsstück tragen, tragen Sie auch ein Stück dieser Philosophie. Es ist eine bewusste Entscheidung für eine Mode, die befreit statt einengt, die Komfort zelebriert und die Vielfalt menschlicher Körper als Stärke begreift. Der Look ist nicht nur lässig, sondern auch ein Statement für eine offenere und anpassungsfähigere Gesellschaft.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die goldene Regel: Kombinieren Sie immer ein weites Teil mit einem schmalen „Proportionsanker“, um die Silhouette zu erden.
  • Material ist entscheidend: Die Struktur und der Fall des Stoffes bestimmen, ob Ihr Look edel oder nachlässig wirkt.
  • Kaufen Sie Ihre Größe: Echte Oversize-Mode ist bereits weit geschnitten. Achten Sie auf die Passform an Schultern und Ärmeln.

Die Kunst der lässigen Eleganz: Wie Sie mit wenigen, übergroßen Teilen eine vielseitige und komfortable Garderobe aufbauen

Die wahre Meisterschaft des Oversize-Trends zeigt sich nicht im Besitz unzähliger Kleidungsstücke, sondern in der Fähigkeit, mit wenigen, aber hochwertigen und vielseitigen Teilen eine komplette Garderobe aufzubauen. Eine Capsule Wardrobe, die auf ausgewählten Oversize-Essentials basiert, verkörpert die Essenz der lässigen Eleganz: maximaler Stil bei minimalem Aufwand. Der Trend ist dabei keine kurzlebige Erscheinung. Eine Analyse der Modezyklen zeigt, dass der Oversize-Trend seit den 1920er Jahren alle 20 bis 30 Jahre zurückkehrt und aktuell so stark ist wie nie zuvor. Eine Investition in gute Stücke ist also nachhaltig.

Der Aufbau einer solchen Garderobe beginnt mit der Identifizierung von Schlüsselstücken, die sich mühelos untereinander und mit bereits vorhandenen Basics kombinieren lassen. Der Fokus liegt auf zeitlosen Farben wie Schwarz, Weiß, Grau, Camel oder Dunkelblau sowie auf hochwertigen Materialien, die Langlebigkeit und eine edle Optik garantieren. Ein Oversize-Wollmantel, ein perfekt geschnittenes weißes Hemd oder ein luxuriöser Kaschmirpullover sind keine saisonalen Käufe, sondern Begleiter für viele Jahre.

Die folgende Liste zeigt fünf solcher Essentials, die eine solide Basis für eine deutsche Capsule Wardrobe bilden und sich für fast alle Jahreszeiten und Anlässe adaptieren lassen:

  1. Der Oversize-Wollmantel in Camel: Ein zeitloser Klassiker, der von September bis April funktioniert. Er wertet jedes Outfit auf, egal ob über einem Anzug, einem Kleid oder einer einfachen Jeans.
  2. Das weiße Oversize-Hemd aus Baumwolle: Das Chamäleon der Garderobe. Es kann im Büro getragen, am Wochenende lässig geknotet oder im Sommer offen über einem Top als leichte Jacke dienen.
  3. Der Oversize-Kaschmirpullover in Grau: Der Inbegriff von Luxus und Komfort. Er kann elegant zu einem Seidenrock oder lässig zu Lederleggings gestylt werden.
  4. Der Oversize-Blazer in Schwarz: Die Brücke zwischen Business und Freizeit. Er verleiht Jeans einen eleganten Touch und macht ein schlichtes Kleid ausgehtauglich.
  5. Die weite Marlene-Hose in Dunkelblau: Eine elegante und bequeme Alternative zur Jeans. Kombiniert mit einem schmalen Oberteil schafft sie eine klassische, anspruchsvolle Silhouette.

Mit diesen fünf Teilen als Fundament können Sie unzählige Looks kreieren. Sie sind der Beweis, dass wahrer Stil nicht in der Menge, sondern in der durchdachten Auswahl und der Kunst der Kombination liegt.

Nachdem Sie nun die Prinzipien und Schlüsselelemente kennen, geht es darum, die Kunst der lässigen Eleganz in Ihre eigene Garderobe zu integrieren.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihre eigene Garderobe mit den Augen einer Stylistin zu betrachten. Identifizieren Sie Ihre Oversize-Stücke, finden Sie die passenden Proportionsanker und experimentieren Sie mit den Styling-Tricks aus diesem Guide, um Ihre ganz persönliche, selbstbewusste Silhouette zu kreieren.

Geschrieben von Johanna Fischer, Johanna Fischer ist eine seit über 10 Jahren tätige Stilberaterin und anerkannte Expertin für nachhaltige Mode und den Aufbau von Capsule Wardrobes. Sie hilft Menschen, einen bewussten und zeitlosen Stil zu finden, der ihre Persönlichkeit unterstreicht.